Erfahrungsbericht über einen Winter am 160m Band

Zu Beginn der Low Band Saison 2010/2011 möchte ich mit einem Bericht über die Aktivitäten im letzten Winter die Aufmerksamkeit auf die langen Bänder lenken. Eventuell gelingt es ja, bei dem einen oder anderen Funkfreund das Interesse zu wecken.

 

Bei OE9XRV, im Kloster Mehrerau, steht den Funkamateuren aus Vorarlberg und aus Süddeutschland nicht nur ein modernst eingerichteter Shack zur Verfügung, es gibt, speziell während der Winterpause der Landwirtschaft, auch die Möglichkeit diverse Antennen aufzubauen, die im Garten der wenigsten Funkamateure Platz finden würden.

Mit diesen Voraussetzungen wurde von Chris – OE9ICI und Günter – OE9HGV bereits im Frühjahr 2009 mit den Planungen für die kommende LOW Band DX Saison begonnen.

 

Blick auf Pferderkoppel bei OE9XRV man sieht verschiedene Beverages und die Einspeisung der INV L

Zuerst mussten alle möglichen Leute gefragt werden. So wurde mit der Betreiberin des Reitstalls vereinbart, dass die Pferdekoppel während der Wintermonate für die Aufstellung von Drahtantennen verwendet werden kann. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Belinda. Danach wurde das Einvernehmen mit Tommi – OE9PTI, dem Stationsverantwortlichen von OE9XRV und mit Pater Clemens – OE9PCI, vom Kloster Mehrerau hergestellt.

 

Bereits zum CQ WW SSB Contest im Oktober 2009 wurde eine 160m Antenne aufgebaut. Leider funktionierten die aufgestellten Empfangsantennen in diesem Contest nicht ganz so wie sie sollten. Der Fehler im Antennenschalter wurde leider erst nach dem Contest gefunden. Bei diesem Contest konnten von Günter - OE9HGV in der Klasse „160m single Band“ trotz der Antennenprobleme knapp 850 QSOs abgewickelt werden. Es wurden dabei 58 DXCC Länder und 11 amerikanische bzw. kanadische Bundesstaaten gearbeitet.

Nach dem Contest mussten die 160m Antennen, die im Bereich der Pferdekoppel aufgestellt waren, leider wieder abgebrochen werden. Eine Düngeaktion und andere landwirtschaftliche Arbeiten im Bereich der von uns benützten Pferdekoppel kamen dazwischen. Aus diesem Grund war es auch nicht möglich, von OE9XRV aus am 160m ALLOE Contest teilzunehmen.

Chris - OE9ICI, der Hauptakteur der 160m Aktivitäten in OE9, arbeitete in der Zwischenzeit von seiner Station in Hörbranz aus bereits recht erfolgreich am 160m Band. Er hat alles andere als eine super Antenne für 160 – er arbeitet mit einer gut 10m hohen „Vertikal Antenne“ mit Dachkapazität und 2 verkürzten „elevated Radials“. Direkt hinter seinem Haus steigt in Richtung Osten der Pfänderstock in die Höhe. Das hat wohl den Vorteil, dass man viele der starken Stationen aus dem Osten nicht so laut hört, der Nachteil ist halt, dass man auch die leisen Stationen aus den interessanten Gebieten in Asien nur sehr schlecht arbeiten kann.

In einer gemeinsamen Aktion von Chris - OE9ICI, Chris - OE9MCV, Herbert - OE9HRV, Wiff – OE9WLJ und Günter OE9HGV wurden die Antennen im Kloster Mehrerau im Dezember 2009 wieder aufgebaut.

 

Zwischen zwei großen Baumgruppen konnte eine Schnur in ca. 26m Höhe! gespannt werden. An dieser Schnur wurde eine „Inverted L Antenne“ befestigt. Der Vertikal Anteil beträgt ca. 24m, da die Einspeisung in einer Höhe von 2m erfolgt, damit die Antenne mit vier Stück „elevated Radials“ ausgestattet werden kann. Um die Antenne, die auf 1830 KHz resonant ist, an das 50 Ohm Koaxialkabel anzupassen, wurde ein L-Netzwerk verwendet.

Neben der Sendeantenne, wurden vorerst zwei Beverage-Antennen aufgebaut. Eine in Richtung USA mit einer Länge von ca. 170 m und eine in Richtung Japan mit ca. 90 m Länge. Mit diesen Empfangsantennen war es jetzt möglich, auch leisere Stationen aus den genannten Gebieten zu hören. Leider war der Empfang aus anderen Richtungen nur sehr eingeschränkt möglich, da die Beverage Antennen eine beachtliche Richtwirkung aufweisen.

 

Der Kollege Murphy schlief natürlich auch nicht. Günter - OE9HGV arbeitete kurz nach Mitternacht am 160m Band – plötzlich spielte die Anpassung der Antenne verrückt. Da Chris angekündigt hatte, dass er in der Früh einen Sked mit einer Station aus VE7 habe, wurde er vom Schaden an der Antenne in Kenntnis gesetzt. Chris traf innerhalb von ca. 30 Minuten an der Station ein. Die Reparatur konnte beginnen. Der Schnee wurde uns vom nahen Bodensee her fast waagrecht ins Gesicht geblasen…, zwei „verrückte“ Funkamateure mit Stirn- und Taschenlampen, nachts um halb zwei auf einer Pferdekoppel beim Reparieren von Antennen…. ich hoffe, es hat uns niemand zugeschaut. Eine abgesoffene Steckverbindung und ein schlecht gelöteter Stecker im Antennenkabel konnten schlussendlich als Ursache festgestellt werden. Der Stecker wurde unter freiem Himmel im Schneetreiben gelötet und wasserdicht verlegt. Ein CQ Ruf zum Test und ich hatte den noch fehlenden US Bundesstaat Wyoming im Log. Chris konnte in den frühen Morgenstunden seinen Sked mit der VE7 Station unter Dach und Fach bringen. Es sollte für die nächsten Monate nicht die letzte nächtliche Aktion von Chris OE9ICI und mir bleiben.

 

Da wir beide sehr viel Funkbetrieb machten, waren wir mit den Möglichkeiten der bisher vorhandenen Empfangsantennen bald unzufrieden. Es wurde zusätzlich eine K9AY, eine Empfangsantenne die in vier verschiedene Richtungen umgeschaltet werden kann, und eine weitere Beverage-Antenne mit ca. 170 m in Richtung Mittelamerika aufgebaut. Da die Mittelamerika Beverage-Antenne leider nicht die gewünschten Erfolge brachte, wurde sie einfach umgedreht. Leider waren zur Einspeisung insgesamt ca. 250m Koax Kabel notwendig. Dies schien auch nicht der richtige Weg zu sein, um starke Signale aus Australien zu empfangen. Wir überlegten uns schon länger, eine bidirektionale Beverage-Antenne zu bauen. Leider kamen wir wegen der vielen Funkaktivitäten nicht gleich dazu, diese Antenne mit der Möglichkeit der Richtungsumschaltung zu verwirklichen.

 

Unser Platz wurde langsam eng, es konnte daher in Richtung Afrika nur noch eine kurze Beverage-Antenne mit ca. 90 m untergebracht werden. Die Ausbreitungsbedingungen in diese Richtung waren während der Wintermonate jedoch prinzipbedingt nicht besonders gut. Erst ab Ende Februar 2010 waren hier merklich bessere Bedingungen festzustellen. Leider war unsere 160m Saison im Kloster da auch schon fast wieder vorbei, da die Pferde wieder ihr angestammtes Revier beanspruchten.

Wie schon angemerkt, beabsichtigten Chris und ich schon längere Zeit, die Beverage-Antennen bidirektional auszuführen. Wir richteten uns nach einem Projekt des BCC bzw. ON4UN. Nach dem Studium dieser Unterlagen und unzähligen guten Tipps ging es an die Verwirklichung. Wir wurden von Norbert - OE9NRH, Herbert - OE9HRV tatkräftig unterstützt. Nach einigen Modifikationen der Vorlage und einer kleinen Korrektur an unserer Schaltung funktionierte diese Umschaltung ganz prächtig. Es ist uns jetzt möglich, die Empfangsrichtung einer Beverage-Antenne einfach umzuschalten.

Wie schon angekündigt, mussten wir die Antennen am 1. März 2010 abbauen.

 

Es ist uns gelungen, in der Top Band Saison 2009 /2010 doch einige sehr tolle Verbindungen zu machen. So konnten wir (OE9ICI, OE9HGV und OE9WLJ) insgesamt fast 120 Länder arbeiten. Neben sehr vielen europäischen Stationen konnten Stationen aus VK, XU, YB, 9M, YV, YI, PY, XE, HS, W, HC8, CO, JA, JD, VU, DP1POL und vielen anderen Ländern gearbeitet werden.

In der Zeit von Oktober 2009 bis Ende Februar 2010 fanden immerhin ca. 400 US Amerikaner und ca. 200 Japaner den Weg in unsere Logbücher. Der viel gebrauchte Satz, die Antenne ist der beste HF Verstärker, kriegt im Bereich des LOW Band DXings einen ganz neuen Stellenwert. Es nützt überhaupt nichts, wenn man selber auf der ganzen Welt gehört wird, jedoch wegen atmosphärischer Störungen usw. kein Empfang möglich ist. Wir mussten feststellen, dass das wichtigste Kriterium eindeutig die Empfangsantennen sind. Gerade im CW Betrieb war uns auch der von Harald -OE9HLH zur Verfügung gestellte K3 von Elecraft eine große Hilfe, dieses Funkgerät ist in CW einfach unschlagbar. Daneben konnten wir mit einem ebenfalls von Harald zur Verfügung gestellten Flex 5000, fast das ganze 160m CW Band mit dem CW-Skimmer beobachten.

Technisches Geschick, ein wenig Stationsaufwand, viel mehr Antennenaufwand, sehr viel persönlicher Einsatz, noch mehr Geduld und das Verständnis der Ausbreitungsbedingungen ist allerdings ein Muss, das viel schwerer wiegt als auf den anderen Bändern.

Der Betrieb im 160 m Band im Winter 2009/2010 war für uns eine absolut tolle Erfahrung.

Alle aktiven Funkamateure aus OE9 waren eingeladen an der Station Betrieb zu machen. Leider hat praktisch niemand von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Leo - DJ7PR, ein Funk-Freund aus Wasserburg am Bodensee, der oft Betrieb an OE9XRV macht, hatte jedoch viel Freude mit den 160m Antennen.

 

Inzwischen sind die Antennen für die heurige LOW Band Saison aufgestellt. Neben der Inv. L Antenne konnten 3 richtungsumschaltbare Beverage Antennen installiert werden. Wenn alles wie geplant klappt, können wir in diesem Winter noch einige interessante Versuche mit Drahtantennen für 30 und 80m, sowie erste Tests im 136 kHz Band vornehmen (ein Sender für 136 kHz ist bereits aufgebaut). Es sind auch Verbesserungen an den bestehenden Antennen geplant.

 

Ein herzliches Dankeschön an alle, die in irgendeiner Weise an dieser Aktivität beteiligt waren. Ach ja – eines habe ich in diesem Winter gelernt. Die richtigen LOW Band DXer sind absolute Nachtmenschen und meist an den dunklen Ringen rund um die Augen zu erkennen.

 

 

(04.12.2010 / OE9HGV)