Erster CQD-Notruf vor 100 Jahren

Morsen

Am 23.01.2009 jährte sich zum 100x der erste Notruf eines in Seenot geratenen Schiffes.

 

Die "RMS Republic" geriet am Morgen des 23.01.1909 ca 50 Meilen südwestlich der Insel Nantucket, vor der Küste des Bundesstaates Massachusetts in Seenot, nachdem sie in dichtem Nebel mit dem Passagierschiff "Florida" zusammenstieß.

 

Erster Notruf via Funk

Kurz bevor die Energieversorgung auf dem sinkenden Schiff zusammenbrach, konnte der Bordfunker Jack Binns noch mehrere Funksignale senden und in der Nähe befindliche Schiffe um Hilfe bitten. Es war das erste Mal in der Geschichte der Seefahrt, dass ein in Seenot geratenes Schiff per CQD-Signal um Hilfe bat.

 

Jack Binns wurde dadurch zum Helden und rette mit diesem ersten von einem Schiff per Morsecode ausgesendeten Notruf viele Menschenleben.

 

Der Funker wurde zum Held - The Wireless Hero

Jack Binns

Binns hatte in den nächsten Wochen nach der Havarie kaum Zeit, das Erlebte zu verarbeiten. Der "Wireless Hero" war in aller Munde und wurde herumgereicht - Empfang beim New Yorker Bürgermeister, Gala-Diner seines Arbeitgebers, der im Seefunk führenden Marconi-Company, in London. Die Filmgesellschaft Vitagraph drehte eilig einen Streifen über Binns ab und wollte damit die amerikanischen Lichtspielhäuser füllen. Der bescheidene Engländer fühlte sich in seiner Privatsphäre verletzt und klagte erfolgreich gegen die Aufführung. Nicht verhindern konnte er den "Jack Binns Song", in dem die Komponistin W.B. Bull und der Texter Prof. Berry Smith dem Funker ein musikalisches Denkmal setzten:

 

"The Captain was brave, but braver was he

Who sat in his room with his hand on the key

And steadily sounded his CQD

To people somewhere outside."

 

Der mutige Mann an der Morsetaste starb 1959, 50 Jahre nach dem "Republic"-Unglück, in New York an einem Schlaganfall. Bis heute, weitere 50 Jahre später, ist er unvergessen. Erst das "Republic"-Unglück 1909 und sein mutiger Einsatz, sowie die "Titanic"-Katastrophe 1912 sorgten für den endgültigen Durchbruch des Schiffsfunks. Diverse Internet-Seiten widmen sich Binns noch heute. Dem Helden, der nur "seine Pflicht getan" hat, wie er stets bescheiden bemerkte.

 

CQD oder SOS

Die Morsezeichen CQD: CQ (ausgesprochen als „Seek you“) für „an alle“ und D für „Distress“; umgangssprachlich auch als „Come quickly – Danger!“ ausgelegt wurden ab 1904 für Notfälle vereinbart.

 

Zu jener Zeit herrschte eine Konkurrenzsituation der Funksystemehersteller und Duopolisten Marconi und Telefunken. So war es den Schiffsfunkern nicht erlaubt, Funk- und sogar Notrufe von Schiffen mit dem jeweils anderen System anzunehmen.

 

Die Morsezeichen CQD hatte auch eine auf einen Notfall hinweisende Bedeutung, war aber für die Funker sehr schlecht zwischen anderen Nachrichten herauszuhören. Man einigte sich daher am 3. Oktober 1906 auf der Internationalen Funkkonferenz in Berlin auf die deutlich leichter zu erkennende Zeichenkombination SOS (drei mal kurz, dreimal lang, dreimal kurz) als Notsignal. Diese Buchstabenkombination wurde wegen ihrer leichten Erkennbarkeit gewählt. Damit wurde auch der Streit beim Notfunkverkehr zwischen den verschiedenen Systemen beendet.

 

Sie wurde erst im Nachhinein als Abkürzung für „Save Our Souls“ oder „Save our Ship“ gedeutet. Sie prägte sich sehr schnell den Funkern, aber auch den diensthabenden Wachoffizieren auf der Brücke ein und ist bis heute die ideale Kombination geblieben. Sie wird von routinierten Funkern beinahe im Schlaf herausgehört.

 

Das erste Mal wurde SOS von dem Passagierschiff "Slavonia" am 10. Juni 1909 gesendet, als es vor den Azoren Schiffbruch erlitt. Der Untergang der "Titanic" – dessen Funker sandte zunächst CQD und nach dem Hinweis eines Kollegen auch SOS aus – zeigte, dass neben einem einheitlichen Signal und einer Standardnotruffrequenz auch ein regelmäßiges Abhören dieser Frequenz notwendig war. Denn bei einem Schiff in der unmittelbaren Nähe der Untergangsstelle war die Funkstation zur Unglückszeit nicht besetzt. So wurde es 1912 Vorschrift, die Notruffrequenzen immer zur halben Stunde abzuhören.

 

 

Die RMS Republic

RMS Republic

Die "RMS Republic" (RMS=Royal Mail Ship) war ein 1903 in Dienst gestelltes Passagierschiff der britischen Oceanic Steam Navigation Company, besser bekannt als White Star Line, das von der Werft Harland & Wolff im nordirischen Belfast gebaut wurde. Sie war eines der größten, modernsten und luxuriösesten Dampfschiffe ihrer Zeit.

 

Sie lief regelmäßig von New York aus und steuerte verschiedene Mittelmeerhäfen an. Auf den Westpassagen beförderte sie oft wohlhabende Amerikaner, die im mediterranen Klima Urlaub machen wollten, während auf den Rückfahrten in die Vereinigten Staaten zum großen Teil südeuropäische Auswanderer an Bord waren. Die "RMS Republic" hatte 15.357BRT, war ca 180m lang, 20m breit und hatte einen Tiefgang von 10m. Ihre Reisegeschwindigkeit war 16kn. Auf ihr fanden ca 2800 Passagiere und ca 300 Besatzungsmitglieder platz. Zum Zeitpunkt des Unglücks befanden sich 742 Personen: 250 Passagiere der Ersten Klasse, 211 Passagiere der Dritten Klasse und 281 Besatzungsmitglieder an Board.

 

Ort, Umstände der Kollision und des Untergangs der "RMC Republic" am 23.01.1909 erinnern stark an den Untergang der "SS Andrea Doria" im Jahr 1956.

 

Um 05:47 Uhr hörte die Mannschaft auf der Brücke der "RMS Republic" die Nebelsignale eines anderen Schiffes an backbord voraus. Der Kapitän der "Republic" gab den Befehl „Maschinen volle Kraft zurück“ und „Ruder hart backbord“, aber es war zu spät. Aus dem Nebel erschien plötzlich der Passagierdampfer "Florida" der italienischen Reederei Lloyd Italiano und rammte die größere Republic mittschiffs fast im rechten Winkel.

 

Dabei wurden auf der "Florida" drei Besatzungsmitglieder getötet, die im Bug untergebracht gewesen waren. Das Vorschiff der "Florida" wurde bis zum ersten wasserdichten Schott zusammengedrückt. Auf der "Republic" starben im Schlaf drei Passagiere der Ersten Klasse. Zudem wurden viele Passagiere verletzt. Die Maschinen- und Kesselräume liefen in Minutenschnelle voll und das Schiff begann, sich erheblich zu neigen.

 

Rettung der in Seenot geratenen Passagiere

Das Signal CQD-Signal wurde von verschiedenen Schiffen empfangen, es war jedoch schwierig, die "Republic" in dem dichten Nebel zu finden.

 

Das erste Schiff an der Unglücksstelle war die "Gresham", ein Kutter der Küstenwache. Sie nahm einige Passagiere der "Republic" auf. Der größte Teil der Schiffbrüchigen wurde jedoch auf die "Florida" transferiert, die zwar beschädigt, aber noch schwimmfähig war. Der kleine Liner war sehr schnell überfüllt, da er bereits über 900 italienische Auswanderer an Bord hatte, die im vorangegangen Dezember das große Erdbeben von Messina überlebt hatten.

 

Erst als am Abend der White-Star-Liner "RMS Baltic" eintraf, wurden sowohl die bereits der "Gresham" übergebenen Passagiere als auch alle noch an Bord der "Republic" befindlichen Personen übernommen. Da das Risiko bestand, dass die in Mitleidenschaft gezogene "Florida" New York nicht sicher erreichen würde, übernahm die "Baltic" deren Passagiere ebenfalls.

 

Bis heute zählt diese Rettungsaktion zu den größten Personentransfers, die je auf offener See stattgefunden haben.

 

Untergang der RMS Republic

Es wurde der Versuch unternommen, die "Republic" zu vertäuen und in seichtere Gewässer zu bringen, wo sie auf Grund laufen sollte. Dies schlug jedoch fehl; das Schiff ging gegen Mittag am 24. Januar 1909 unter, etwa sechsunddreißig Stunden nach der Kollision mit der "Florida".

 

 
 
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