Das langsame Sterben des Schillicon-Valley in München

Schillicon-Valley – so nennt man die Schillerstraße in München, welche sich in einer Länge von gut 700m vom Vorplatz des Hauptbahnhofs in gerader Line nach Süden ausbreitet. Die Schillerstraße bietet eine einzigartige Mischung aus Hotels, Spielhallen, Erotikläden und Rotlicht-Clubs, gemischt mit ethnischen Lebensmittelläden und Imbissen, sowie Computer- und Elektronikläden.

 


 

Gerade der mittlere Abschnitt der Schillerstraße und die querende Schwanthaler- und Landwehrstraße mit ihren vielen Fachgeschäften haben diesen Ruf einer Elektronikmeile auch ins gut 200km ferne Vorarlberg getragen. Und natürlich war die Schillerstraße mit seinen Nebenstraßen „Pflicht“ für Funkamateure aus OE9 während eines München-Ausflugs. Um das Jahr 1990 konnte man in der Schillerstraße über 20 Geschäfte finden, welche ein breites Elektroniksortiment anboten.

 

Schlechte Neuigkeiten vom März 2011

Einkauf beim "alten" BÜRKLIN MÜNCHEN

Anfang März 2011 wurde von einem Besucher der Elektronikmeile berichtet, dass BÜRKLIN ELEKTRONIK mit seinem Geschäft in der Schillerstraße mit 04.03.2011 Geschichte ist.

 

Ab dem 07.03.2011 wurde das Ladengeschäft nach Oberhaching an den südlichen Rand von München ausgesiedelt. Damit hat ein weiterer Anbieter von Elektrotechnik und Elektronikkomponenten die Schillerstraße verlassen.

 

Vorbei also der Einkauf von guten Crimp-Steckern von TELEGÄRTNER, die wirklich guten und hochqualitativen Kabel, günstiger als der Billigschrott - ohne erkennbares Schirmgeflecht, den manche Amateurfunkhändler verkauft haben? Also kein Abstecher mehr in die Fußgängerzone und ein gutes Bier in einem der vielen Brauhäuser von München?

 

Ein wehmütiger Blick zurück:

Den Ruf der Schillerstraße als Elektronikmeile hat die Firma RADIO RIM in der Ecke Bayerstraße und Schillerstraße begründet. RADIO RIM - später RIM ELEKTRONIK vertrieb seit dem Jahr 1925 Elektronik-Bastel-Bücher, welche ein jährlich erscheinender Versandhauskatalog für Bausätze, Fertiggeräte und Bauteile waren.

 

Sie waren auch eine „solide fachkompetente Art den Lesern zeitgemäße Elektronik sowohl in technischer Hinsicht wie auch den Markt rund um die Elektronik vermitteln". So eine Eigendefinition in einem RIM-Katalog.

 

1991 wurde RIM ELEKTRONIK von CONRAD ELEKTRONIK übernommen, welche auch einige Jahre ein Ladengeschäft in der Schillerstraße betrieben. CONRAD ELEKTRONIK ist nun im Thal in der Nähe der Fußgängerzone (Innenstadt - Rathaus) mit einem kleineren Ladengeschäft zu finden. Ein größeres Geschäft (Elektronik-Einkaufszentrum) ist in der Nähe des Olympia-Park, in der Hanauerstraße im Nordwesten von München angesiedelt.

 

Einige ehemaligen RADIO RIM-Mitarbeiter betrieben seit 1991 unter dem Namen MIR-ELEKTRONIK (RIM rückwärts geschrieben) bis zum Oktober 2006 in der Landwehrstraße ein Ladengeschäft. Die Produkte von MIR ELEKTRONIK wurden später nur mehr über das Internet vertrieben. Nun (2011) hat auch die Firma MIR-ELEKTRONIK nach 20 Jahren die Geschäftstätigkeit eingestellt.

 

STRIXNER&HOLZINGER mit seinen Läden 1 (Bauteile) - 2 (Computer) und 3 (Werkstattsachen) besteht nur mehr aus dem Laden 3. Der Computerladen ist geschlossen worden und die Bauteile (SH-BAUTEILE) sind nach Gräfelfing umgezogen.

 

Geschlossen haben die letzten Jahre mehrere Firmen, wie ALLNET OUTLET STORE, AKI Halbleiter Depot, I+M Elektronik Shop und viele mehr.

 

Was ist geblieben?

Als einer der letzten Geschäfte in der Schillerstraße mit elektronischen und elektromechanischen Neu- und Gebraucht-Artikel ist die Firma BALZER bzw HARTNAGEL ELEKTRONIK verblieben. Eine lustige Mischung aus ausgelöteten und damit recycelten Bauelementen, Elektronikflohmarkt und Neuteilen. Und wenn man Glück hat, bekommt man bei BALZER noch Elektronikbauteile in alten RIM-Säckchen. Die haben sich noch ins Jahr 2011 gerettet. Kult sind auch die angebotenen defekte Festplatten um 5.- Euro oder ausgelötete gebrauchte Relais, die es um 1.- Euro billiger und dafür aber neu bei BÜRKLIN gab. Genau so haben einige der legendären Elektronikläden in der Schillerstraße ausgesehen und das hat den Scharm der Straße ausgemacht.

 

Natürlich gibt es noch die vielen Computerläden, die teilweise im Halbjahres-Zyklus die Besitzer und den Namen wechseln. Es fehlen jedoch die Elektronikgeschäfte, die vom japanischen oder amerikanischen Halbleiter bis zur Diskokugel alles hatten, was ein Elektronikbastler sich wünschte. Unvergessen blieben auch die Einkäufe in der Schillersraße bei einem Elektronikhändler der noch die alten IBM Model M-Tastaturen verkaufte. Und wenn er keine auf Lager hatte, dann wurde ihm die Tastatur vom Firmenrechner weggekauft!

 

Ein wenig Trauer um die alte Schillerstraße – das Schillicon-Valley - sei daher einem älteren Elektronikbastler und Funkamateur gestattet.

 

  • Defekte Festplatte um 5.- Euro
  • Scherz an der Eingangstüre